JAN VERMEER, Allegorie der Malerei, um 1673
Öl auf Leinwand, 130 x 110 cm,
Wien, Kunsthistorisches Museum
Über einen zurück geschlagenen prächtigen Brokatvorhang fällt der Blick in das lichterfüllte Atelier eines Malers, der in einem historischen Festgewand mit dem Rücken zum Betrachter an der Staffelei sitzt, um das Modell zu malen, das als Klio, Muse der Geschichte, posiert. Auf ihre mythologischen Schwestern, die Architektur und die Bildhauerei, mag durch die Gipsmaske und das aufgeschlagene Buch auf dem Tisch verwiesen sein, so daß, wie vielfach angenommen, Vermeer in dieser Arbeit die Überlegenheit der Malerei gegenüber diesen Künsten thematisiert haben könnte. Die Pracht des Ateliers spräche dafür.
Die Landkarte im Hintergrund zeigt Holland und in den seitlichen Vedutenansichten die damals größten Städte des Landes. Hiermit wie durch die Inschrift oberhalb der Karte wird Bezug auf die politische Lage der Niederlande genommen, so dass die Darstellung möglicherweise ein kritischer Blick des Künstlers auf die Verhältnisse im nördlichen Holland ist. Eine endgültige Sinndeutung dieses mehrschichtig allegorischen Bildes ist nicht möglich. Der Reiz des Werkes liegt im Visuellen, in der subtilen, von Blau, Gelb und Weiß getragenen Farbgebung und der Lichtführung. Das links von einem nicht sichtbaren Fenster einfallende Licht schafft eine Einheit zwischen Mensch und dinglicher Welt, wie sie die intimen, lichtreichen Innenraumdarstellungen von Vermeer häufig auszeichnet.