Vermeer - Im Spiegel seiner Zeit

Jan Vermeer: ein Maler „ohne Biographie“ Jan Vermeer gehört neben Frans Hals (um 1580-1666) und Rembrandt Harmensz. van Rijn (1606-1669) unbestritten zu den drei bedeutendsten holländischen Malern des 17. Jahrhunderts. Dies ist um so erstaunlicher, als er im Vergleich zu diesen beiden anderen großen Vertretern der holländischer Malerei jener Epoche ein nur äußerst schmales Werk von wohl kaum mehr als 34 gesicherten Bildern hinterlassen hat. Hinzukommt, dass auch sein Motivkreis, zumindest im Vergleich mit Rembrandt, als äußerst eingeschränkt gelten kann. Er beschäftigte sich nur in Einzelfällen mit den großen, von den Käufern überwiegend gewünschten Bildthemen der Zeit, das heißt biblischen und mythologischen Historien sowie dem Porträt (das etwa Frans Hals, der wichtigste Bildnismaler dieser Ära, in den Mittelpunkt seiner Arbeit stellte). Vielmehr galt Vermeers Interesse fast ausschließlich dem Genrebild, das nach dem Verständnis der Kunstkenner jener Epoche eine eher geringer zu bewertende Bildgattung darstellte. Dennoch, und dies ist ebenfalls ein überraschendes Faktum, scheint der Maler zeitweilig erstaunlich hohe Preise für seine Werke erzielt zu haben. Doch existieren hierüber keine verlässlichen Angaben, sondern nur Vermutungen. Dies gilt auch in vielen weiteren Punkten, denn es gibt wohl kaum einen anderen bedeutenden Künstler der letzten dreihundert Jahre, der seiner Nachwelt so viele Rätsel hinsichtlich seiner Biographie, der Stellung in seiner Zeit sowie der Gedankenwelt aufgibt, die den Hintergrund seiner spezifischen Auffassung vom Genrebild und der daraus wiederum er wachsenden besonderen Maltechnik war. So ist Vermeers zahlenmäßig so kleines und qualitativ so überragendes Lebenswerk bis heute immer wieder Anlass zu verschiedensten Deutungsversuchen und erscheint dennoch in seiner geheimnisvollen Schönheit und unergründlichen Stille fast unberührt von allen wissenschaftlichen Fragen nach dessen Gestalt und Wertcharakter. Wenig nur ist über Vermeers Leben bekannt geworden. Nach neueren Untersuchungen stammt Vermeer aus Familienverhältnissen, in denen er schon früh Berührung mit der Malerei hatte. Sein aus Antwerpen zugereister Vater Reynier Jansz. Vermeer war zwar gelernter Kaffaweber (Kaffa war ein für Kleidungsstücke verwendeter Seidenstoff), unterhielt dann einen Gasthof in Delft, gab aber bei seinem Eintritt in die Delfter Lukasgilde, die „Bruderschaft“ der Maler, als offiziellen Beruf „Konstverkoper“ (Kunsthändler) an. Es ist nicht auszuschließen, dass er vielleicht sogar selbst Maler war. Das

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